Ganz ehrlich? Lehrbücher sind mit vollkommen gleichgültig, ich richte mich nach dem was sich in meiner Praxis bewährt hat. Nach der beschriebenen Methodik eingefahrene Zweitakter haben bei mir IMMER länger gehalten als solche, die von übervorsichtigen Zauderern kaputtgezockelt wurden.
Drastischstes Beispiel ist da wohl mein langjähriger Tourenroller (Yamaha Neos 50), den habe ich seinerzeit als brandneuen Hobel beim Händler in der Nähe von Le Mans erstanden und bin dann, von der ersten Sekunde an mit Vollgas, nach Süddeutschland gekachelt (. Der erste Kolben hat bei dem Hobel immerhin 85.000km gehalten, dann war ein neuer fällig. Aktueller Stand: bissl über 120.000km, davon wohl 98% mit Dauervollgas.
Das gilt sowohl für Straßenmotoren, aus denen ich immerhin teilweise über 100.000km rausgeholt habe, als auch bei Rennmotoren für Ausdauerläufe (6 Stunden Fahrten und Rollercross). Was sich nach dem Zusammenbau und sofortigem Hochjagen frisst, das hätte sich der Erfahrung nach auch nach 500km rumzockeln gefressen. Wenn der Motor nicht gleich hochgeht, dann hält er auch. Mit richtig schönen Kolbenbildern, sprich oben schwarz und unter den Ringen sauber. Denn DAS Problem beim Zweitakter ist eben die mangelhafte Schmierung bei Teillast. Die Frischölautomatik bei den modernen Plastikschüsseln (der ich allerdings nicht traue und die daher grundsätzlich rausfliegt) macht das in bestimmten Bereichen etwas besser, vor allem sind die Motoren damit etwas stabiler im Schiebebetrieb, aber wirklich gesund ist das trotzdem nicht.
Wenn du schon mit beruflicher Qualifikation angeben musst:
Ich habe dieses schöne Gewerk auch erlernt, bei einem Händler mit Vertretung einer gewissen orangen Firma aus Österreich. Da war sogar die Werksanweisung (!) die Motoren neuer 2T-Maschinen vor der Auslieferung an den Kunden kurzzeitig max. Drehzahl laufen zu lassen, eben damit sie sich einlaufen können. Die Kunden wurden dann auch immer davor gewarnt, die Karren schieben zu lassen oder zu zauderhaft zu fahren. Dazu sollte auf keinen Fall die vorgesehene Ölbeimischung überschritten werden, zu viel Öl im Mix ist nämlich genauso problematisch wie zu wenig. Die Kunden, die sich daran gehalten haben, also vor allem Crossfahrer, hatten dann auch die wenigsten Probleme mit Motorschäden. Einige haben es dann sogar geschafft, mehr als ein Rennen mit einem Motor zu bestreiten Was natürlich ein extremes Beispiel ist, aber es zeigt gewissen Tendenzen auf.
Aber das ist ein Punkt bei dem man jeden nach seiner Facon glücklich werden lassen muss. Manch einer hat halt seine Freude, seinen Motor im festen glauben an uralte Mythen und Legenden zu ruinieren.